Was er mir zu meinem Beruf als Journalistin sagte

Covadonga O’Shea, Journalistin; in: ‘ABC’, Madrid, 16. Februar 1990

Der Gründer des Opus Dei hatte nicht nur eine göttliche Sendung zu verwirklichen – weshalb er vielleicht so viele menschliche Qualitäten besaß, die weit über dem Durchschnitt lagen –, sondern er verstand die menschliche und christliche Bedeutung der Arbeit derer, die beruflich mit der öffentlichen Meinung zu tun haben.

Nicht umsonst war er eine Zeitlang Dozent der ehemaligen Journalistenschule von Madrid. Möglicherweise hat er aufgrund seiner eigenen Erfahrungen begriffen, dass es nötig war, denjenigen, die sich diesen Aufgaben widmen – seien sie nun vom Opus Dei oder nicht – einen besonderen Sinn für Verantwortung zu vermitteln. Immer gab er – positiv und optimistisch, wie er war – als Handlungsmaxime vor, das Böse im Überfluss des Guten zu ersticken. Denn ihm war völlig klar, dass Gewalt weder nützt, um zu siegen noch um zu überzeugen. Dieses Interesse für unseren Beruf hat viel mit meinen ersten Erinnerungen an Msgr. Escrivá zu tun.

Es war im September 1963. Ich hatte auf einem Flug von Athen nach Madrid bei einem Zwischenstop mehrere Stunden Aufenthalt in Rom und bat um ein Gespräch mit dem Gründer des Opus Dei. Damals war ich die stellvertretende Chefin von Telva, einer gerade neu gegründeten Zeitschrift. Ich selbst war nur wenig älter als diese Zeitschrift...

Ich war nach Griechenland geflogen, um als Sonderbeauftragte bei der Hochzeit von König Konstantin mit der Prinzessin Anna Maria von Dänemark dabei zu sein. Mir ist bewusst, dass es sich da nicht um ein theologische Symposion und nicht einmal um ein philosophisches Seminar handelte. Es war eben ein gesellschaftliches Ereignis gewesen. Trotzdem empfing mich der Gründer des Opus Dei nach kürzester Zeit, fragte mich nach meiner Reise und ging dann zum Thema über, das er an der Wurzel packen wollte: „Hast du viel gearbeitet?“ fragte er mich. „Sicher hast du alles so gut wie möglich gemacht.“ Für ihn war das Wichtige nicht das Was, sondern das Wie. Die Arbeit, egal ob handwerklich oder intellektuell, mehr oder weniger wichtig, musste froh getan werden, mit Einsatz, mit Verantwortung und bis zu Ende... Er nutzte die Gelegenheit, um mir auf meinem Gebiet Mut zu machen. Und zwar sagte er, wir Journalisten müssten die Feder dazu nutzen, die Welt mit der Wahrheit zu erleuchten und Gutes für die Familie und die Gesellschaft zu bewirken. Wie schade sei es, so klagte er, dass man häufig das Gegenteil feststelle, weil einige ihre Energien darauf verwenden, Menschen und Institutionen in Verruf zu bringen.

Jahre später, im März 1971, konnte ich auf meinem Weg nach Mailand den Vater wieder in Rom begrüßen. Er interessierte sich eben immer für meinen Job. Dieses Mal erzählte ich ihm, dass ich italienische Verlage besuchen würde: Mondadori, Rizzoli... Als positiver Mensch sprach er ihnen Lob aus für ihre gute Arbeit, ihre berufliche Qualität, für das Gute, das man von ihrem Platz aus bewirken könne. In einem Anfall von Begeisterung ob seiner Sicht der Dinge fragte ich ihn, was seiner Meinung nach die Zeitschrift, für die ich arbeitete, besser machen könne. Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen und ließ keine Zweifel zu: „Alles mit völliger Freiheit!“ Und er fügte erklärend hinzu: „Ich darf und will mich nicht in deine Arbeit einmischen, auch nicht in die Art und Weise, sie zu tun. Außerdem wäre mein Ratschlag nicht viel wert, denn ich verstehe nichts davon...“. In diesen Sätzen kamen gleich zwei charakteristische Merkmale seiner Person zum Vorschein: die Liebe zur gut getanen Arbeit und die leidenschaftliche Verteidigung der persönlichen Freiheit. Und zusammen mit ihnen oder sie quasi umfassen die gute Laune, verbunden mit einem gesunden Menschenverstand, der einen entwaffnete.

(...)

Im März 1973 sah ich den Gründer des Opus Dei in Rom zum letzten Mal. Kurz zuvor war er zwei Monate durch Spanien gereist, um eine öffentliche Katechese zu halten. Wenn ich von den Themen sprechen sollte, über die er bei den verschiedenen Treffen mit jeder Art Menschen, insgesamt mehr als hunderttausend, gesprochen hatte, würde ich seine Liebe zur Kirche, zum Papst zu den Bischöfen hervorheben. Und seine Sorge um die Frau und ihre Bedeutung für den innersten Kern der Gesellschaft, die Familie. An jenem Morgen in Rom sprach er mit mir über dieselben Fragen. Ihn schmerzten die Folgen, die er in einer (moralischen) Situation, die begann, chaotisch zu werden, klar vorhersah. „Meine Tochter, schreib dir etwas von allem auf und denke darüber nach. Wenn du an einem Tag guter Laune bist, (und am Ton seiner Stimme merkte man, dass er verstand, wie sehr mich diese Themen langweilen konnten, weil sie immer wieder und bis zum Überdruss behandelt wurden), dann schreibe etwas dazu.“ Da er sehr darauf bestand, dass ich tapfer sein und die Dinge klipp und klar zur Sprache bringen müsste, fiel ihm ein, dass ich vielleicht eine außergewöhnlich Hilfe bräuchte.

„Möchtest du eine Reliquie der hl. Katharina von Siena?“ fragte er mich? Ich wusste, dass Msgr. Escrivá diese Kirchelehrerin „die große Lästerzunge“ nannte, da sie ohne Unterschied dem Papst wie dem Kaiser die Wahrheit ins Gesicht sagte. Immer respektvoll, aber ohne Umschweife.

Ich beeilte mich zu versichern, dass ich sie natürlich haben wollte, obwohl ich nicht die geringste Vorstellung hatte, was ich mit einer Reliquie tun sollte. Vor meinen Augen rief der Vater sofort an, um den Auftrag zu erteilen, wobei er demjenigen am anderen Ende der Leitung erklärte: „Wenn du die Reliquie hast, dann kaufe ein recht feminines Reliquiar, denn sie ist für eine meiner Töchter.“ Als er sie mir zwei Tage später überreichte, sagte er noch einmal: „Wende dich an diese Heilige, damit sie dich lehrt, kein Blatt vor den Mund zu nehmen und die Wahrheit zu verteidigen, wie sie es tat.“