Eine Anregung des hl. Josefmaria: Der Bau des Studentinnenheimes Müngersdorf

Auszug aus dem Artikel "Das Studentinnenheim Müngersdorf – eine Initiative des heiligen Josemaría: 1957-1966" von Dr. Barbara Schellenberger, in: "Studia et documenta", Bd. 5 (2011).

Auszug aus dem Artikel "Das Studentinnenheim Müngersdorf – eine Initiative des heiligen Josemaría: 1957-1966" von Dr. Barbara Schellenberger, in: "Studia et documenta", Bd. 5 (2011). Ziel dieses Beitrags von Dr. B. Schellenberger ist es darzustellen, wie der hl. Josemaría den Bau eines großen, modernen Studentinnenheims (heute Campus Muengersdorf) aus der Kraft des Glaubens und mit apostolischem Weitblick initiiert und begleitet hat.

Der Gründer des Opus Dei empfahl am 24. August 1957 bei seinem ersten Besuch in einem Zentrum der Frauen des Opus Dei in Deutschland, in Köln ein neues, großes Studentenwohnheim zu errichten. Erst wenige Monate vorher, am 12. Oktober 1956, waren drei junge Spanierinnen in die noch von der Nachkriegszeit gezeichnete Stadt gekommen, um die apostolische Arbeit in Deutschland zu etablieren. Sie begannen – praktisch ohne finanzielle Mittel – mit der Errichtung eines kleinen Studentinnenheims in gemieteten Räumen.

Ziel dieses Beitrags von Dr. B. Schellenberger ist es darzustellen, wie der hl. Josemaría den Bau eines großen, modernen Studentinnenheims (heute Campus Muengersdorf) aus der Kraft des Glaubens und mit apostolischem Weitblick initiiert und begleitet hat.

Kurze Besuche in Köln

In den folgenden drei Jahren besuchte Escrivá die Zentren in Deutschland jeweils auf der Durchreise: vom 21. – 23. September 1958 auf der Rückreise von den Niederlanden.(1) Nach seiner Rückkehr in Rom kommentierte er, dass es ein Wunder sei, was seine Töchter in Köln mit wenig Geld – und mit viel Liebe zu Gott – auf die Beine gebracht hätten.(2) Vom 15. – 17. September 1959 – auf der Rückreise von London – machte er wiederum kurz Station in Köln und lernte im Studentinnenheim Eigelstein einige neue Mitglieder des Werkes kennen.(3) Am 4. Mai 1960 besuchte Escrivá die Mitglieder

der regionalen Leitung in einem neuen Zentrum, dem ersten unabhängigen bescheidenen Sitz des deutschen Regionalassessorats, in Köln-Nippes.(4) Er hatte vor, am nächsten Tag in diesem Zentrum die hl. Messe zu feiern und wollte sie, da ein Grundstück für das neue Studentinnenheim in Aussicht war, für den guten Ausgang der Verhandlungen aufopfern.(5) Er versprach auch, von Rom eine Monstranz zu schicken, wenn das neue Studentinnenheim

fertig sei.(6) Der Gründer musste aber am nächsten Tag plötzlich abreisen und Álvaro del Portillo bat sie, stattdessen ihren Schmerz darüber für das Gelingen ihres großen apostolischen Projekts aufzuopfern. In den folgenden Jahren schränkte Escrivá u.a. wegen des II. Vatikanischen Konzils (1962-1966) seine Reisen durch Europa ein.(7)

Eingang von Villa Sacchetti, des Zentralhauses der Frauen in Rom (altes Photo!)

Verbindung zwischen Rom und Köln

Die Kommunikation zwischen Rom und Köln erfolgte vor allem durch

Briefe. Aus den Schreiben und Antwortschreiben kann man entnehmen,

dass der Briefwechsel komplett erhalten ist.(8) In den Jahren 1957-1958 wurden von Köln nach Rom jeweils 77 Briefe, 1959-1960 jeweils 60 Briefe, 1961- 1962 jeweils ca. 50 Briefe und 1963-1966 zwischen 30 und 40 Briefe pro Jahr geschrieben.(9) Von Rom aus wurden 1957-1962 jeweils zwischen 40 und 50 Briefe, ab 1963 zwischen 25 und 30 Briefe pro Jahr geschickt.(10) Es waren

„Familienbriefe“, in denen alltägliche Freuden und Sorgen erzählt wurden: Vor allem wenn jemand krank war, wurde von Rom aus oft nachgefragt. In den Briefen aus Rom wurden immer auch die geistlichen Impulse aus Predigten, geistlichen Betrachtungen oder von familiären Beisammensein mit dem Gründer in Rom an die Regionen weiter gegeben. Es war eine Art und Weise, alle Mitglieder des Werkes an der pastoralen Fürsorge des Gründers teilnehmen zu lassen. Die apostolischen Nachrichten über das Wachsen der geistlichen Familie in den vielen Ländern, in denen sich um 1960 Frauen des Opus Dei niederließen, (11) soziale Initiativen einzelner oder die Gründung körperschaftlicher Werke boten reichlich Stoff. Beim Lesen dieser Briefe weitete sich das Herz, und sicher halfen sie, manche kleinen Schwierigkeiten vor Ort zu relativieren.

Immer wieder wurden aber auch einzelne Mitglieder des Werkes – auf Anregung des hl. Josemaría – nach Rom eingeladen, um ein paar Tage auszuruhen (12), in Rom zu arbeiten oder um an einer theologischen Fortbildungoder an Besinnungstagen teilzunehmen. Umgekehrt besuchten jedes Jahr auch Mitglieder des Zentralassessorats die Mitglieder des Werkes in Köln.

Teilansicht des Zentralhauses in Rom, Zugang zur Prälaturkirche

Von Rom aus beeilte man sich vor allem, die konkreten Anregungen desGründers, die der Arbeit in den verschiedenen Regionen helfen könnten, weiter zu geben. So erfuhren sie in Deutschland z.B. sehr bald, was der hl. Josemaría am 2. Oktober 1958, dem Gründungstag des Opus Dei, in Rom über die apostolische Arbeit in den Studentenheimen gesagt hatte: Wenn Ihr in die Herzen der Studentinnen Frömmigkeit, Freude, Liebe und Opfer sät, dann wird alles im Laufe der Jahre reiche Frucht bringen. (13) Die Briefe waren für die Mitglieder in Deutschland eine stete Quelle der Ermunterung. Sie wussten, dass sie nicht alleine waren, und spürten quasi die geistliche Unterstützung aus Rom. Die Freude über jeden Brief spiegelt sich in den Tagebüchern wieder. Deshalb bewahrten sie die Briefe wie einen Schatz auf. (14)

Zur engen Verbindung mit Rom trug José María Hernández Garnica

bei.(15) Er wurde im Oktober 1961 vom Gründer des Opus Dei zum Delegierten für Deutschland ernannt. Schon vorher war er einige Male im Auftrag des Gründers nach Deutschland gereist, um die apostolische Arbeit zu unterstützen.(16) Der Delegierte war damals – so wie heute – nach den Statuten des Opus Dei zugleich Mitglied des Generalrats in Rom und der regionalen Leitung eines Landes und deshalb ein besonderes Bindeglied, das die Einheit der Regionen mit dem Genralpräsidenten (heute: Prälaten) in Rom stärkte. (17)

Hernández Garnica erfüllte diese Aufgabe mit Leib und Seele. Für Alfonso Par, den ersten Consiliarius von Deutschland (18), war die Anwesenheit von José María Hernández Garnica so, als ob der Gründer selbst an seiner Seite gewesen wäre. (19) Ähnlich haben es auch die Frauen empfunden, als José María Hernández Garnica sie im Juli 1960 besuchte. (20) In den folgenden Jahren wird in den Tagebüchern des Zentrums des Regionalassessorats immer wieder berichtet, wie José María Hernández Garnica ihnen bei der Realisierung des Projekts praktisch geholfen hat und stets Rat wusste.(21)

(...)

Wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen, die damals relativ günstige Rahmenbedingungen boten, schmälern nicht das Verdienst der jungen Frauen. Sie waren ja auch nicht das Motiv des Gründers gewesen, als er im August 1957 anregte, ein Wohnheim für Studentinnen in Köln zu bauen. Damals war es keineswegs absehbar, dass sich der wirtschaftliche Aufwärtstrend noch einige Jahre fortsetzen würde. Es war vielmehr das „Feuer Christi“ (22), das der hl. Josemaría im Herzen trug, mit dem er in Deutschland und vielen anderen Ländern vor allem junge Menschen anstecken wollte.

Entwurf für die Renovierung der Fassade des Campus

Hinweis: Im Oktober 2009 wurde das vollständig renovierte Studentinnenheim als Campus Muengersdorf neu eröffnet.

Anmerkungen

(1) Der hl. Josemaría ermunterte sie damals, möglichst bald die apostolische Arbeit in Amsterdam zu beginnen. Vgl. Ana M. Quintana, Los inicios de Alemania, S. 49. Vgl. Auch Berglar, Opus Dei, S. 363.

(2) Brief von Encarnación Ortega an Carmen Mouriz, 30.09.1959; Brief von Maria Iciar (Iciar) Zumalde an Carmen Mouriz, 15.10.1958.

(3) Brief von Carmen Mouriz an Encarnación Ortega, 16.09.1959. Vgl. auch Berglar, Opus Dei S. 363, Anm. 20; Ana M. Quintana, Los inicios de Alemania, S. 55.

(4) Diese Wohnung wurde auf Anraten Escrivás gemietet. Die Miete für eine zweite Wohnung bedeutete für sie eine weitere finanzielle Herausforderung. Mehrere Mitglieder suchten sich eine zusätzliche Arbeit, um mehr Geld zu verdienen. Vgl. Ana M. Quintana, Los inicios de Alemania, S. 55.

(5) Tagebuch der Kuenstr., 4.05.1960, D 3288; Quintana, Los inicios de Alemania, S. 59.

(6) Brief von Carmen Mouriz an Encarnación Ortega, 5.05.1960.

(7) Javier Echevarría, Auf Europas Straßen. Apostolische Reisen des Opus Dei Gründers, in Ortiz Echagüe, Josemaría Escrivá, S. 14-26, S. 23. Vgl. auch José García, Escrivá in München, Köln, Bonn, Mainz und Aachen, in Der selige Josemaría Escrivá. Informationsblatt

21, Köln, Mai 2002.

(8) Vgl. Anm. 4.

(9) Die meisten Briefe aus Köln schrieb Carmen Mouriz, die damals die Regionalsekretärin war. Bis 1961 schrieb aus Rom meistens Encarnación Ortega (1920-1995), damals Leiterin des Zentralassessorats. Vgl. „In pace“, Romana, Nr. 21 (1995), S. 428; ab 1961 schrieb Mercedes Morado, die ihr im Amt folgte. Nach und nach schrieben vermehrt andere Mitglieder des Zentralassessorats.

(10) Vgl. Brief von Montserrat Amat an Carmen Mouriz vom 15.03.1961. Bis zum März 1961 schrieb man in der Regel drei Mal im Monat von Rom aus an die Regionen, jeweils am 5., 15. und 25. eines jeden Monats; ab dem 15.03.1961 – offensichtlich wegen der wachsenden Anzahl der Regionen – in der Regel nur noch zweimal im Monat, jeweils am 15. und 30. (Vgl. „In pace“ zu Montserrat Amat Badrinas [1919-2007] in Romana, Nr. 44 [2007], S. 166).

(11) Spanien, Italien, USA, Frankreich, Venezuela, Peru, Mexiko, Portugal u. viele andere Länder. Vgl. z.B. Briefe von Mercedes Morado an Carmen Mouriz, 15.04. und 25.04.1958; Brief von Iciar Zumalde an Carmen Mouriz, 5.02.1960. Um 1950 hatte die apostolische

Arbeit in mehreren Ländern mit Wohnheimen für Studenten- bzw. Studentinnen begonnen. Vgl. Vázquez de Prada, Der Gründer, Bd. 3, S. 332.

(12) Vgl. Briefe von Maria Presentación Rivero Marín an Carmen Mouriz vom 10.10.1957 und Mercedes Morado an Carmen Mouriz, 15.01.1964, in dem u.a. Carmen Mouriz im Auftrag Escrivás eingeladen wurde, einige Wochen zum Ausruhen nach Rom zu kommen.

(13) Brief von Iciar Zumalde an Carmen Mouriz, 5.10.1958.

(14) Mündliche Auskunft von Ana M. Quintana am 30.04.2009.

(15) 1913-1972. Promovierter Bergbau-Ingenieur und Doktor der Naturwissenschaften und Theologie. Seit 1944 Priester des Opus Dei, der sich zunächst besonders um die apostolische Arbeit der Frauen in Spanien kümmerte. Ab 1957 betraute ihn Escrivá mit apostolischen

Aufgaben in mehreren europäischen Ländern. Am 28.02.2005 hat in Madrid der diözesane Untersuchungsprozess für seine Seligsprechung begonnen. Vgl. Boletín de la Oficina de las Causas de los Santos. Prelatura del Opus Dei. España, Nr. 34, año XXIX, Hoja Informativa n. 1 (2006).

(16) José Carlos Martín de la Hoz, „Por los caminos de Europa. Breve biografía de José María Hernández Garnica“, Folletos mc, Madrid, Ediciones Palabra, 2004, S. 59.

(17) Statuta, Nr. 138. § 1, in: Amadeo de Fuenmayor – Valentín Gómez-Iglesias – José Luis Illanes, Die Prälatur Opus Dei. Zur Rechtsgeschichte eines Charismas, Essen, Ludgerus, 4. Aufl., 1990, Dokumentarischer Anhang, Nr. 73. Das Amt des Delegierten heute entspricht dem gleichen Amt in den damals geltenden Statuten von 1950. Vgl. ebd., S. 271.

(18) Der Consiliarius bzw. Regionalvikar steht einer Region vor. Vgl. Statuta, Nr. 151. Vgl. auch de Fuenmayor – Gómez-Iglesias – Illanes.

(19) José Carlos Martín de la Hoz, „Por los caminos de Europa“, S. 61.

(20) Brief von Carmen Mouriz an Mercedes Morado, 24.07.1960; Brief von Carmen Mouriz an Encarnación Ortega (London) 26.07.1960.

(21) Z.B. Tagebuch Kuenstr., 20.03.1963, D 3294 und 10.05.1963, D 3295; Tagebuch Lindenthal, 2.12.1964, D 3297.

(22) Josemaría Escrivá de Balaguer, Der Weg, Köln, Adamas, 12. Aufl., 2002, Nr. 1.