Mutter Teresa und der heilige Josefmaria

Brian Kolodiejchuck M.C., Postulator des Heiligsprechungsprozesses für Mutter Teresa von Kalkutta, äußerte sich wenige Monate vor der Heiligsprechung des Gründers des Opus Dei über die Gemeinsamkeiten, die ihn und Mutter Teresa von Kalkutta verbinden.

Es ist erstaunlich festzustellen, wie unterschiedlich die Charismen und Charaktere der Heiligen in der Kirche sind. Manchmal scheint es sogar, daß sie einander widersprechen, doch lernt man das Leben und die Geisteshaltung eines jeden tiefgreifend kennen, läßt sich ein sie vereinender gemeinsamer Nenner ausmachen: sie sind Abglanz der Wesensart Christi, des Heiligen par excellence.

So ist es auch im Fall der beiden großen Gestalten der Katholischen Kirche des Zwanzigsten Jahrhunderts: des seligen Josefmaria und Mutter Teresa, zweier sehr unterschiedlicher Menschen und Charismen, doch zugleich mit zahlreichen Übereinstimmungen.

Der zeitliche Zusammenklang ist Zufall: Gottes Vorsehung wollte, daß in den Tagen, da Mutter Teresa von Skopje (Mazedonien) kommend in Dublin ankam, um ihr religiöses Leben aufzunehmen, Ende September/Anfang Oktober 1928, der selige Josefmaria in Madrid den Willen Gottes für das Opus Dei sah.

Bezüglich der gemeinsamen Punkten kann ich nicht darauf verzichten, auf ihre große Liebe zur Kirche, zum Papst, zur sakramentalen Beichte hinzuweisen; oder auf ihren unwidersprochenen Glauben an den Wert des Gebetes als Ausgangspunkt jeglichen apostolischen Handelns; und so vieler weiterer Aspekte wie etwa die Befähigung, ehrgeizige Projekte im Dienst an den Mitmenschen in Angriff zu nehmen.

Auch einige Charaktereigenschaften der beiden spiegeln oftmals diesen gemeinsamen Nenner wider, so die Fähigkeit, menschlich betrachtet augenscheinlich unlösbare Probleme augenblicklich zu lösen.

Unter vielen möglichen möchte ich bei einem besonders charakteristischen Punkt des Charismas von Mutter Teresa verweilen: ihrer Liebe zu den Armen, Kranken und Sterbenden; in einem Wort: für die der Hilfe am meisten Bedürftigen. In ihnen sah Mutter Teresa Christus selbst.

Auch im Leben des seligen Josefmaria begegnen wir dieser großen Verpflichtung, Christus, der in den Not leidenden Menschen gegenwärtig ist, zu helfen. Nicht bloß mittels der großen Anstrengung, die das Opus Dei unternimmt, Menschen zu formen, wie es so viele Zentren, Studentenheime, Universitäten etc. deutlich machen. Es wird auch eine große Anstrengung unternommen im Hinblick auf die soziale Pflicht, die Bedingungen aller Menschen zu verbessern und, noch bedeutsamer, den wahren Sinn und den übernatürlichen Wert dieser Leiden verstehen zu können. Das läßt sich insbesondere in den ersten Jahren der Geschichte des Opus Dei erkennen, wie es in verschiedenen Zeugnissen, die in diesem Buch zusammengetragen wurden, zu lesen ist und vor allem aus den Worten derer spricht, die Zeugen der pastoralen Tätigkeit des seligen Josefmaria in den Hospitälern von Madrid waren, wie Schwester María Jesús Sanz, Asunción Muñoz und Schwester Isabel Martín. Die Armen, Kranken und Obdachlosen waren die Waffen, um die Schlacht zu schlagen, das Opus Dei auf den Weg zu bringen.

Und in beiden Fällen, beim Gründer des Opus Dei ebenso wie bei Mutter Teresa, erkennt man an der Wurzel dieser Verpflichtung den Glauben, der sie Christus in jedem einzelnen Menschen wahrnehmen ließ.