Ein Hausmeister in Buenos Aires

P. M. C., Buenos Aires

Was ich erzähle möchte, hat sich vor etwa sechs Jahren zugetragen. Damals arbeitete ich etwa 300 m von meinem Zuhause entfernt. Auf dem nach Weg kam ich immer an denselben Gebäuden vorbei und grüßte rechts und links mit einem „Guten Morgen“ oder „Guten Tag“ die verschiedenen Hausmeister, die im Eingang ihrer Arbeit nachgingen. Einer reagierte niemals auf meinen Gruß. In mir rührte sich der Wunsch, ihn nicht weiter zu beachten. Dann dachte ich an den hl. Josefmaria, der sicher ihn weiter gegrüßt hätte, in der Hoffnung, ihn am Ende zu gewinnen. Ich entschloss mich also, ihn weiter zu grüßen, aber meinen Gruß zugleich mit einem Stoßgebet zu verbinden.

Eines Tages hörte ich wie er mit einem leisen „Tag“ antwortete. Als ich nachmittags auf dem Weg nach Hause wieder vorbeikam, hielt ich kurz inne und fragte ihn nach seinem Namen. „Angel“ antwortete er mir lächelnd. Wir wechselten ein paar Worte und ich ging weiter. An den darauffolgenden Tagen grüßte er mich jedes Mal lebhaft, wenn er mich schon von weitem sah. Manchmal ging ich ziemlich schnell meiner Wege, da ich noch vieles erledigen musste.

Eines Tages wirst Du tot umfallen!

Einmal, als er mich vorbei eilen sah, hörte er auf zu kehren und verstellte mir den Weg. Er sagte mir sehr ernst: „Du kannst nicht so weiter machen! Du gehst mit gesenktem Kopf und einem Haufen Sorgen an mir vorbei…Eines Tages wirst Du tot umfallen! (Während er das sagte machte er eine Bewegung, mit der er andeutete, dass jemand eine Schraube im Kopf locker hat). Du musst die Schönheit der Natur um Dich herum wahrnehmen…Siehst Du diesen Baum?...Hörst Du die Vögel?“ So fuhr er fort, noch mehr Dinge aufzuzählen, die Gott auf meinen Weg stellte. Er wollte mich lehren, sie wahrzunehmen. Ich bemerkte augenblicklich, dass Gott mir diesen Menschen (diesen Engel) über den Weg geschickt hatte, damit ich aufhörte, um das Arbeiten willens zu arbeiten, sondern dass ich lernte, ihn zu betrachten. Ich erzählte Angel, dass ich vom hl. Josefmaria gelernt hatte, Gott in der Arbeit zu betrachten und zwar genau in diesen einfachen Dingen. Ich gab ihm einen Gebetszettel und versprach, ihm ein Video zu leihen, dass ihn mehr über diesen großen Heiligen erfahren ließ. Als ich an diesem Tag nach Hause ging, brachte ich ihm das versprochene Video mit.

Am folgenden Tag...

Am folgenden Tag war ich sehr erwartungsvoll, was er zum Video sagen würde. Ich hatte im Geheimen die Hoffnung, dass er sich womöglich durch das Video ermuntert fühlen würde, zur Beichte zu gehen, falls er es längere Zeit nicht getan hätte. Aber zu meinem Erstaunen, traf ich ihn nicht an und sein Arbeitsraum war verschlossen. Das war sehr ungewöhnlich. Auch am Nachmittag war niemand zu sehen. Ebenso war es am folgenden Tag. Am dritten Tag traf ich ihn wieder beim Kehren an, aber er wirkt mir sehr müde und traurig. Ich grüßte ihn, und als ich ihn gerade fragen wollte, wo er die Tage vorher gewesen war, kam er mir zuvor und bedankte sich für das Video. Er sagte mir: „Vorgestern ist meine Frau gestorben. Du weißt nicht, wie sehr mir das Video geholfen hat. Ich habe viel mit ihm gesprochen. Das hat mich sehr getröstet. Jetzt weiß ich, dass „Chiquita“ (seine Frau) bei Gott ist und dass sie glücklich ist. Ich muss mich allerdings hier weiter rumschlagen, damit auch ich einmal oben ankomme“. Wir sprachen noch eine Weile miteinander über seine Familie und seine Kinder und über die Gemeinschaft der Heiligen. Er war sehr müde, aber voller Frieden. Er bat mich, das Video noch ein paar Tage behalten zu dürfen.

Wir sprachen nun noch öfters mit einander, auch über die Beichte, die hl. Messe usw. Er fand zur religiösen Praxis zurück. Er bat mich um mehr Gebetszettel und verteilte sie später an Bekannte, die er von der Straße her kannte, weil sie an seinem Arbeitsplatz vorbeigingen.

Nach Rom mit ungewissem Ausgang

Einige Jahre später machte ich mich nach Rom auf. Ich würde dort studieren und, wenn es Gottes Wille war, vielleicht zum Priester des Opus Dei geweiht werden Obwohl das Ganze für mich noch sehr unklar war, versicherte mir Angel, dem ich davon erzählte, sofort, dass ich sicher Priester würde, um vielen Menschen mit meinem Dienst zu helfen. Dann sagte er mir noch. „Ich werde hier auf dich warten und werde Dich schon von weitem mit der Soutane auf mich zukommen sehen. Und natürlich mit erhobenem Blick, der ins Weite schaut!“

Ich ging nach Rom, wir schrieben uns öfters. Ich ermunterte ihn, weiter den Glauben zu praktizieren. Er versicherte mir, dass er den Gebetszettel für mich und alle, die dort mit mir studierten, betete. Am Tag meiner Priesterweihe brachten mir meine Eltern einen Brief von ihm mit (ich habe keine Ahnung, wie er sie hat ausfindig machen können und ihnen wenige Tage vor ihrer Abreise den Brief mitgeben können). Er sagte mir, dass er nicht aufhöre, jeden Tag für alle in Rom zu beten und dass er heute mehr als sonst für alle betete, die geweiht würden.

Ich habe es Dir gesagt...

Ich kam nach Buenos Aires zurück und konnte ihn erneut aufsuchen. Er war sehr bewegt, mich als Priester gekleidet zu sehen und sagte mir: „Ich habe es Dir voraus gesagt…“ Ich dankte ihm sehr für seine Gebete und seinen Brief. Und als ich ihn ermunterte, sich weiter der Fürsprache des hl. Josefmaria zu empfehlen, stellte er den Besen zur Seite und langte nach der Tasche seines Overalls, in dem er den Gebetszettel hatte: „Er geht immer mit mir!“