Freuden, Leiden, Gottvertrauen

"Wißt ihr, warum das Werk sich so ausgebreitet hat? Weil man es behandelt hat wie einen Sack Getreide. Man hat es geschlagen und mißhandelt. Doch die Körner sind so klein, daß sie nicht vernichtet worden sind, mehr noch: sie wurden in alle vier Winde verstreut..."

"Wißt ihr, warum das Werk sich so ausgebreitet hat? Weil man es behandelt hat wie einen Sack Getreide. Man hat es geschlagen und mißhandelt. Doch die Körner sind so klein, daß sie nicht vernichtet worden sind, mehr noch: sie wurden in alle vier Winde verstreut..."

Einmal im Wagen auf der Rückreise von Mailand rief der Gründer plötzlich aus: »Da sind sie!« Er hatte einen kirchenrechtlichen Platz für die Eheleute im Opus Dei gefunden.

Mit einer Gruppe junger Frauen in Rom.

Schon in der Anfangszeit seines Apostolates hatte Josefmaria zu einigen jungen Leuten gesagt, daß sie zur Ehe berufen seien. Berufen im wahrsten Sinne des Wortes. Im Weg schrieb er: »Du lachst, weil ich dir sage, daß du ›Berufung zur Ehe‹ hast? – Du hast sie, jawohl, Berufung. Empfiehl dich dem heiligen Raphael an, daß er dich wie einst Tobias keusch bis an das Ende des Weges führe.«

Diesen Weg sah er nicht etwa als Notlösung für diejenigen, die sich nicht zu Höherem berufen fühlten, im Gegenteil: auch dieser Weg war im Plan Gottes vorgesehen. »Die Ehe ist für einen Christen keine bloß gesellschaftliche Einrichtung und noch viel weniger bloßes Heilmittel für die menschliche Schwachheit: sie ist eine wahrhaft übernatürliche Berufung, sacramentum magnum, Geheimnis, Sakrament in Christus und in seiner Kirche, wie Paulus sagt, und gleichzeitig, untrennbar damit verbunden, ein Vertrag, den ein Mann und eine Frau für immer schließen, denn – ob wir es wollen oder nicht – die von Christus eingesetzte Ehe ist unauflöslich. Die Ehe ist ein großes heiligendes Zeichen, ein Tun Jesu, das die Seelen der Brautleute erfüllt und sie einlädt, ihm zu folgen und so ihr Eheleben zu einem Weg Gottes auf Erden werden zu lassen. Die Eheleute sind dazu berufen, ihre Ehe und dadurch sich selbst zu heiligen.«

Doch dieser Gedanke war zu neu. Wie konnte man die Eheleute dem Werk voll und ganz eingliedern? Die Freude war groß, als der Vater eine kirchenrechtliche Formulierung fand, die in die bevorstehende päpstliche Approbation aufgenommen werden konnte.

So bald wie möglich wurden in der Nähe von Madrid Besinnungstage gehalten, damit alle, die schon seit langem auf diese Möglichkeit warteten, sich innerlich darauf vorbereiten konnten, nun bald dem Opus Dei anzugehören.

Der heilige Josemaría mit zweien seiner geistlichen Söhne aus Irland und Ecuador.

Freuden und Leiden. Trotz der erklärten Wertschätzung Pius XII. wurde ausgerechnet nach der Approbation des Opus Dei im Jahr 1950 eine besonders heftige und gefährliche Intrige gegen das Werk und seinen Gründer gesponnen.

Der Vater wußte nichts Genaues, doch mit dem Instinkt eines Vaters und einer Mutter spürte er, daß ihm und dem Werk große Gefahr drohte. Seinen Kindern in Rom vertraute er an: »Ich fühle mich wie ein Blinder, der sich verteidigen muß, aber nur mit dem Stock in die Luft schlägt: ich weiß zwar, daß etwas vorgeht, aber nicht, was …«

15. August 1951 in Loreto

Er wußte nicht, an wen er sich auf Erden wenden sollte. So wandte er sich wie immer an den Himmel. Er entschloß sich, am 15. August 1951 eine Bußwallfahrt nach Loreto zu unternehmen und das Werk der Gottesmutter zu weihen. Die sengende Hitze und seine schwere Krankheit ließen den Weg tatsächlich zu einer Bußübung werden. Nachdem er die Messe gefeiert hatte, kniete er im Heiligen Haus nieder, vertraute Maria das Opus Dei an und bat sie um ihren mütterlichen Schutz. Auf dem Rückweg war er heiter und ruhig wie einer, der wußte, daß seine Angelegenheiten in den besten Händen waren. Seither sprach er immer wieder das Stoßgebet, das er auch seinen Kindern ans Herz legte: Cor Mariae dulcissimum, iter para tutum! – Liebenswertes Herz Mariens, bereite uns einen sicheren Weg!

Die Antwort des Himmels ließ nicht lange auf sich warten. Einige Zeit später rief der Erzbischof von Mailand, der inzwischen seliggesprochene Kardinal Schuster, dem die Anfänge der apostolischen Arbeit des Werkes in seiner Stadt sehr am Herzen lagen, bei Giovanni Udaondo an, einem Angehörigen des Opus Dei in Mailand.

»Wie geht es eurem Gründer?«

»Es geht ihm sehr gut«, antwortete Giovanni ahnungslos.

Die <i>Casa Santa</i> in Loreto

»Aber wie trägt er sein Kreuz? Hat er nicht gerade eine besondere Prüfung, ein sehr schweres Kreuz auf sich nehmen müssen?«

»Nun, wenn es wirklich so ist, dann wird er sehr froh sein, denn er hat uns immer gelehrt, daß wir Jesus nahe sind, wenn wir dem Kreuz nahe sind.«

»Nein, nein …! Sagen Sie ihm, daß er vorsichtig sein soll. Er soll an seinen Landsmann denken, den heiligen Josef von Calasanz. Und er soll etwas unternehmen!«

Und er unternahm etwas: Er ließ Pius XII. durch Kardinal Tedeschini einen Brief zukommen. Der Papst las ihn am 18. März 1952 und machte der ganzen Sache ein Ende.

Seine Reaktion angesichts des Unverständnisses

Viele Jahre später sagte er zu seinen Söhnen und Töchtern: »Wißt ihr, warum das Werk sich so ausgebreitet hat? Weil man es behandelt hat wie einen Sack Getreide. Man hat es geschlagen und mißhandelt. Doch die Körner sind so klein, daß sie nicht vernichtet worden sind, mehr noch: sie wurden in alle vier Winde verstreut und sind überallhin gefallen, wo sich die Wege der Menschen kreuzen, wo Menschen nach der Wahrheit hungern und guten Willens sind. Und jetzt haben wir so viele Berufungen und sind eine so zahlreiche Familie, und Millionen von Menschen bewundern und lieben das Werk, weil sie in ihm ein Zeichen der Gegenwart Gottes unter den Menschen sehen und das nie versiegende göttliche Erbarmen spüren.«

Es war ein bleibendes Kennzeichen des heiligen Josefmaria, daß er immer wieder zu übernatürlichen Mitteln griff. Zum Zeichen seines Gottvertrauens im Kleinen wie im Großen vollzog er außer der Weihe von Loreto noch eine Anzahl weiterer Weihen des Opus Dei. So empfahl er am 14. Mai 1951 die Familien seiner geistlichen Kinder dem besonderen Schutz der Heiligen Familie von Nazaret an, als die Eltern einiger Mitglieder in Italien durch Verleumdungen in Unruhe versetzt worden waren.

»Jesus, innig geliebter Heiland«, heißt es im Text dieser Weihe, »als du kamst, die Welt durch deine Lehre und mit deinem Beispiel zu erleuchten, wolltest du den größten Teil deines Lebens Maria und Josef in dem einfachen Haus von Nazaret untertan sein, um so die Familie zu heiligen, die Vorbild aller christlichen Familien sein sollte. Nimm gütig die Weihe der Familien deiner Kinder im Opus Dei an, die wir jetzt vornehmen. Nimm sie alle unter deinen Schutz und in deine Obhut und bewirke, daß sie dem göttlichen Vorbild deiner Heiligen Familie ähnlich werden.«