Die Heiligkeit liegt in den kleinen Dingen

Das ist der einfache Weg zur Heiligkeit, den der hl. Josefmaria vorschlägt: „Du willst wirklich heilig werden? - Erfülle die kleine Pflicht jeden Augenblicks! Tu das, was du sollst, und sei ganz in dem, was du tust.“

Anlässlich einiger Heiligsprechungen hat das Lehramt der Kirche erläutert, dass die Heiligkeit nicht die Durchführung außergewöhnlicher Aktionen erfordert, sondern „im eigentlichen Sinne nur in der Übereinstimmung mit dem Willen Gottes besteht, die ihren Ausdruck findet in einer beständigen und genauen Erfüllung der Pflichten des eigenen Standes“. Das ist auch der einfache Weg zur Heiligkeit, den der hl. Josefmaria vorschlägt: „Du willst wirklich heilig werden? - Erfülle die kleine Pflicht jeden Augenblicks! Tu das, was du sollst, und sei ganz in dem, was du tust.“(Der Weg, 815)

Das Gesagte weist auf zwei Forderungen der Heiligkeit hin: eine materielle („Tu das, was du sollst“, erfülle die kleine Pflicht jeden Augenblicks, und zwar ohne Aufschub, hodie, nunc, heute und jetzt) und eine formale („Sei ganz in dem, was du tust“, erfülle sie vollkommen und eifrig, aus Liebe zu Gott). Diese beiden Forderungen fließen in einer einzigen zusammen, in der liebevollen Pflege der kleinen Dinge. Denn in der Praxis entsprechen die Pflichten, die jeder hat, keinen in sich hohen Anforderungen, sondern es sind „kleine Pflichten“ jeden Augenblicks; und auch ihre vollkommen Erfüllung besteht in „kleinen Dingen“, in Tugendakten bei der Ausführung von Kleinigkeiten.

Der unendliche Wert des „Kleinen“

Die Grundlage dieser beiden Forderungen bildet der Gedanke, dass die Liebe für die Heiligkeit wichtiger ist als die Materialität der Werke. „Eine Kleinigkeit, aus Liebe getan, wie wertvoll ist das!“ (Der Weg, 814). Der Wert der Werke im Bereich der Heiligkeit und des Apostolates leitet sich in erster Linie nicht aus dem Ansehen her, das sie unter den Menschen haben (aus ihrer materiellen Bedeutung), sondern aus der Liebe zu Gott, mit der sie getan werden. Diese Liebe zeigt sich oft in Kleinigkeiten im Umgang mit Gott und mit den anderen, angefangen von einem kleinen Akt der Frömmigkeit wie das aufmerksame Aussprechen eines Gebetes oder eine gut gemachte Kniebeuge vor dem Tabernakel, bis hin zu einer höflichen oder liebevollen Geste. Die Liebe macht groß, was in den Augen der Menschen unbedeutend ist: „Tut das alles aus Liebe. - Dann gibt es keine kleinen Dinge mehr: alles wird groß.“ (Der Weg, 813) „Die Werke der Liebe sind immer groß, mögen sie auch manchmal klein erscheinen.“(Christus begegnen, 44)

Die innere Größe auch außen verwirklichen

Dieser Aspekt – der Vorrang der Liebe – darf aber nicht zu der Vorstellung verleiten, die objektive, sichtbare Vollkommenheit der Werke, die man verrichtet, sei nicht wichtig. Der hl. Josefmaria lässt uns auch darüber nicht im Unklaren. Um seine Lehre besser zu verstehen, ist es gut, etwas mehr über den Sinn des Ausdrucks „kleine Dinge“ nachzudenken.

Vor allem darf man sich nicht vorstellen, die „kleinen Dinge“ seien vor allem außerhalb von uns liegende Wirklichkeiten. So ist zum Beispiel im Fall einer „offen stehenden Tür, die eigentlich geschlossen sein sollte“, die „Kleinigkeit“ nicht die offene Tür, sondern der Handgriff, sie zu schließen, welcher ein Akt der Tugend der Ordnung aus Liebe zu Gott ist. Das heißt, die „kleinen Dinge“ sind in erster Linie innere tugendhafte Handlungen, die nicht wegen ihrer mangelnden Intensität „klein“ genannt werden – diese kann als solche sogar sehr groß sein –, sondern aus einem anderen Grund, wie zum Beispiel, dass sie schnell erledigt werden können oder ihre geringe Relevanz für das konkrete Leben haben, wie es bei vielen Aspekten der Ordnung der Fall ist; wobei diese jedoch auch bedeutsame Konsequenzen haben können, man denke nur an die schlecht geschlossene Tür eines Kühlschrankes.

Wenn der hl. Josefmaria von der Bedeutung der „kleinen Dinge“ spricht, bezieht er sich manchmal auf „geistliche kleine Dinge“, Akte, die rein innerlich ablaufen, obwohl sie aufgrund äußerer Aktivitäten gesetzt werden. Dabei kann es sich etwa um ein Stoßgebet beim Schließen einer Tür oder der gedanklichen Erneuerung der Aufopferung der Arbeit handeln. Andere Male wiederum denkt er an „materielle kleine Dinge“, also Handlungen, die als Ziel eine Einwirkung auf unsere materielle Umgebung haben, um etwas, und sei es nur eine geringfügige Kleinigkeit, zu verbessern und so den anderen aus Liebe zu Gott das Leben zu verschönern.

Schlußsteine setzen

Im letzteren Fall, bei den „materiellen kleinen Dingen“ misst der hl. Josefmaria der äußeren Wirkung sehr wohl Bedeutung bei, obwohl ihr Wert für die Heiligkeit, wie bereits gesagt, vor allem in der Liebe liegt, mit der sie ausgeführt werden. Auch wenn die kleinen Dinge durch die Liebe wertvoll sind, durch die sie „groß“ werden können, ist dieser Aspekt doch untrennbar verbunden mit dem Wert, den die „gut getane Arbeit“ in sich, die sorgfältige Ausführung derselben, besitzt. Das hängt mit der Logik der Menschwerdung zusammen, auf der die Lehre des hl. Josefmaria basiert. Selbstverständlich verlieren diese Tätigkeiten nicht ihr übernatürliches Verdienst, wenn man den gewünschten Effekt nicht erreicht, obwohl man alles gut machen wollte und alle Mittel eingesetzt hat, damit die „Sache gut wird“; es läge aber kein guter Wille vor, wenn es kein echtes Interesse an guten Ergebnissen, am Erfolg der Maßnahme gäbe. Von diesem ehrlichen Interesse ist in allen Texten des hl. Josefmaria die Rede. Wir haben schon gesehen, dass er lehrt, „ganz in dem zu sein, was du tust“; andere Male fordert er auf, die anstehenden Aufgaben vollkommen zu erfüllen und dabei den „Schlußstein“ zu setzen; die Dinge zu beenden, so dass die Arbeit, die Gott dargebracht wird, „vollendete Arbeit ist - vollendet wie ein filigranes Kunstwerk“. In diesem Sinn erinnert er an Verse eines kastilischen Dichters: „Die Dinge gut zu machen ist wichtiger als sie überhaupt zu machen.“