Der hl. Josefmaria in Russland

Alexánder Sokolów, ein international bekannter russischer Künstler, hat die Herauforderung, die erste russische Ikone des hl. Josefmaria Escrivá zu ‘schreiben’, sofort angenommen, eines modernen Heiligen, den man im Film sehen kann, eines Heiligen, der Russland sehr liebte und für dieses Land betete und beten ließ.

Alexánder Sokolów, der die Ikone gemalt hat

Alexandre Havard | Für einen orthodoxen Christen ist eine Ikone in sich Beschaulichkeit, Gebet. Eine Ikone spricht zur Seele, die sich Gott nähert. Eine Ikone wird nicht gemalt, sie wird geschrieben.

Und wenn ein Künstler eine Ikone schreibt, dann betrachtet und bildet er nach, was er sieht. Niemals wird er sie mit seinem Namen kennzeichnen, denn was er möchte, ist, das Ewige nachbilden. Daher ist das Bild des Himmels auf der Ikone schlicht, normalerweise golden oder vielleicht blau, aber immer einfach – im Ewigen. Sokolów hat die Herauforderung, die erste russische Ikone des hl. Josefmaria Escrivá zu schreiben, sofort angenommen. Er ist in und außerhalb von Russland ein angesehener Künstler. In einem persönlichen Stil hat er nicht nur sehr verehrte Ikonen gemalt, sondern auch zahlreiche Kirchen ausgemalt.

Unter seinen Meisterwerken gibt es mehrere Kathedralen in aller Welt und eine Ikone der eucharistischen Jungfrau Maria mit dem Kind, das wie in einem Kelch dargestellt ist, die den Ruf hat, wundertätig zu sein. Er ist auch der Autor der Ikone des hl. Raphael, die auf dem Titelblatt der letzten und am meisten verbreiteten Ausgabe vom Weg auf russisch zu sehen ist.

So lernte der Künstler übrigens vor Jahren die Gestalt des hl. Josefmaria kennen. Der Leiter von Radio Freiheit im Moskau der Perestrojka, gab das Titelblatt einer Ausgabe vom Weg in russischer Sprache bei ihm in Auftrag und bat ihn, als Motiv das Bild des Erzengels Raphael zu benutzen, der ein Kind begleitet. Diese Szene ruft den langen Weg an der Seite des jungen Tobias ins Gedächtnis...

<i>Du hast herzlich gelacht, als ich dir riet, deine jungen Jahre unter den Schutz des heiligen Raphael zu stellen: damit er dich wie den jungen Tobias zu einer heiligen Ehe führe - mit einer guten und hübschen und reichen Frau, sagte ich im Scherz. Aber dann, wie nachdenklich wurdest du, als ich den Rat hinzufügte, dich auch unter den Schutz jenes jugendlichen Apostels Johannes zu stellen: für den Fall, daß der Herr mehr von dir verlangt.</i> <br>Der Weg, 360

Die orthodoxen und lateinischen Traditionen dürfen nicht als Gegenspieler verstanden werden. Beide bereichern die Kirche auf verschiedene, aber einander ergänzende Art und Weise. Wenn wir nur wollen, können wir viel voneinander lernen. So kann man zum Beispiel in den Bildnissen des heiligen Seraphim Sarówski, der in Russland sehr verehrt wird, Anspielungen auf die Heiligkeit des Alltags finden.

Was Alexander Sokolow, einem ausgesprochen christlichen Menschen – einem orthodoxen Christen, der als Geschenk von Gott das Leben und die Botschaft eines katholischen Heiligen erhalten hat – am meisten bei der Botschaft des hl. Josefmaria beeindruckt hat, ist die reale Möglichkeit, dass Gott unser tägliches Tun als etwas wahrhaft Heiliges annimmt, als Sein – Gottes – Werk, als Opus Dei. Daher hat Alexander für das Band, das der hl. Josefmaria in den Händen hält, folgenden zentralen Text aus der Verkündigung des Gründers des Opus Dei gewählt:

Gott ruft alle zur Heiligkeit. Jede rechtschaffene Arbeit kann zu einem Werkzeug der eigenen Heiligkeit und der Heiligkeit der anderen werden.

Der untere Teil der Ikone zeigt das riesige russische Reich, das von großen Flüssen durchfurcht ist. Auch dort, wie überall, nimmt Gott die Arbeit des Bauern, der eine neue Furche in die Erde gräbt, als Gebet – als wohlgefälliges Opfer – an. So auch die Arbeit der Fischer, die ihre Netze ins Meer werden und ihre Tätigkeit dem Schöpfer anbieten; und Gott sieht mit Wohlgefallen auf die frohe Unterhaltung einer Mutter mit ihrer Tochter...

Die göttlichen Früchte fehlen der Arbeit des Christen nie, auch wenn wir sie nicht sehen. Der Ikonenmaler hat das Messgewand in grün gehalten. Diese liturgische Farbe gehört zur Zeit im Jahreskreis, so dass gewissermaßen auf das Alltagsleben hingewiesen wird; die Ornamentik besteht in unbegrenzten Linien, die an Reben erinnern, die unzählige Früchte nach göttlicher Art bringen.

Die Jungfrau Maria, die im oberen Teil der Ikone zu sehen ist, ist eine Mariendarstellung vom Typ Znaménie (vom eucharistischen Zeichen). Diese Art Ikonen stellt man nach orthodoxer Tradition vor den Altar, auf dem die Priester hinter der Ikonostase die Liturgie feiern. In Maria vereinen sich die Geheimnisse der Menschwerdung und der Eucharistie, Maria führt uns zur Eucharistie.

„Wenn du Jesus in der Eucharistie Dank sagst, dann unterlasse es nie, Unsere Liebe Frau zu preisen“, rät uns der hl. Josefmaria; „denn sie - die reine, makellose Jungfrau - brachte den Herrn zur Welt.

Und mit der Kühnheit eines Kindes darfst du dem Herrn zurufen: Geliebter Jesus, gepriesen sei die Mutter, die Dich geboren hat.

Gewiß wird Er darüber Freude empfinden und deine Seele mit noch mehr Liebe erfüllen.“

(Im Feuer der Schmiede, 70)

Die Ikone des hl. Josefmaria ist eine priesterliche, eucharistische und marianische Ikone. So ruft die rote Farbe des Messgewandes das Blut Christi in Erinnerung...

Wenn man die beiden Teile der Ikone betrachtet, dann erinnert man sich wie von selbst an jene Worte des hl. Josefmaria: „Himmel und Erde scheinen sich am Horizont zu vereinigen; aber nein, in euren Herzen ist es, wo sie eins werden, wenn ihr heiligmäßig euren Alltag lebt.“ (Die Welt leidenschaftlich lieben; Predigt auf dem Campus der Universität von Navarra, 8.10.1967)

Der Heilige des Alltags, wie ihn Johannes Paul II. nannte, lehrt uns, die Füße fest auf dem Boden zu haben .. und den Kopf im Himmel. Ein Himmel voller Engel, der sich vor den Männern und Frauen aller Zeiten und Kulturen, die ein großes Herz haben, öffnet.

Im Herzen des Menschen, möchte der Heilige Geist – der in der Ostkirche so tief verehrt wird – seine Wohnung aufschlagen. Auf der Rückseite der kleinen Nachbildungen dieser Ikone findet sich ein Gebet des hl. Josefmaria zum Heiligen Geist: „Komm, Heiliger Geist! Erleuchte meinen Verstand, damit ich deine Gebote erkenne. Stärke mein Herz gegen die Nachstellungen des Feindes. Entflamme meinen Willen...

Ich habe deine Stimme vernommen und möchte mich nicht verhärten und dir widerstehen. Ich will nicht sagen: Morgen... Nunc coepi! Jetzt beginne ich – denn es könnte kein Morgen mehr für mich geben. Oh Geist der Wahrheit und der Weisheit, Geist des Verstandes und des Rates, Geist der Freude und des Friedens: Ich will, was du willst, ich will, weil du willst, ich will, wie du willst, ich will, wann du willst...“ dieses Gebet beeindruckt jeden, der es liest, auch in jenen unendlichen Weiten Russlands.

Gesamtansicht der Ikone

Die Ikone wird in einer kleinen Kapelle in der ehemaligen Karl-Marx-Straße verehrt. Jetzt trägt keine Straße mehr diesen Namen.

Detail der Ikone

Detail des oberen Teils der Ikone